Wie Kapotschka Karachow entdeckte, dass Bochum eine Stadt der Liebe ist – eine Art Geschichte

Irgenwann wurde Kapotschka Karachow in der Stadt der Liebe geboren. Damals unter dem Namen Neele  Ruckdeschel, den sie auch heute noch spazieren trägt. Der Künstlerinnenname wurde ihr einst zu einem Geburtstag geschenkt. Er steckte in einer Matroschka. Wie praktisch, dachte sie, da sich ja alle Superheld*innen meist eine Zweit-Persönlichkeit halten und Superheldin war neben ganz, ganz genialer Künstlerin ihr Zweit-Berufswunsch.

Ungeachtet ihrer allgemeinen Verzweiflung an zwei komplizierten Berufsbildern und der Weltsituation, behielt Kapotschka ein durchaus heiteren und liebevollen Blick auf sich selbst, andere und ihre Umgebung. Dies konnte nicht an ihrem schönen, gemütlichen Zuhause liegen, denn das gab es nicht. Kapotschka hatte sich für ein Nomadinnenleben entschieden. Sie zog künstlerisch und heldinnenhaft durch die Welt und suchte den Sinn. Der Sinn aber war auch auf der Suche nach Kapotschka und so verpassten sie sich meist knapp.

Immer wieder kehrte sie jedoch voller Sehnsucht in ihre Heimat zurück, saß dort auf einer Bank, oder in einem Café und freute sich staunend über diese Stadt. Sie versuchte Menschen zu erzählen, was es war, dass sie so berührte. Aber das stellte sich oft als gar nicht so einfach heraus. Ihre Heimatstadt galt nicht als besonders schön. Sie kam sich in ihrer Empfindung jedoch keineswegs verklärt, oder romantisierend vor und sie war auch nicht alleine damit. Was war es, was einige Menschen hier erlebten?

An einem lauwarmen Tag, an dem sie gerade aus dem Schwarzwald gekommen war und ein feiner Nieselregen die Fassaden ihrer Heimatstadt von hellgrau in dunkelgrau färbte, war es als ob jemand eine Staubschicht von ihrem glücklichen Herzen wischte. Als ob der feine Nieselregen sie langsam abtragen würde und sie erkannte, dass sie liebte. Auf eine ganz einfache und unkomplizierte Art und Weise. Etwas, was gar nicht ihrem Ideal von Schönheit entsprach. Etwas, was sie gar nicht richtig verstand. Etwas, das sie nicht besitzen wollte, oder mit dem sie sich jeden Tag umgeben müsste. Eine Stimme in ihr wollte „Respekt“ sagen, wie es früher auf dem Schulhof die richtig coolen Jungs zueinander gesagt haben. Respekt für diese Stadt. Das sie einem Menschen beibringen konnte so zu lieben. Und wenn sie es ihr beigebracht hatte, dann doch sicher auch all den anderen Bochumer*innen. Und schon bald nach ihrem rührseeligen Moment gingen bei Kapotschka die geniale Künstelrinnen- und Superheldinnen-Sirenen los.

Sie blickte auf und war für eine kurze Weile überzeugt, dass es gerade allen Menschen genauso ging wie ihr. Dass sie alle Künstler*innen und Superheld*innen waren und ihnen klar wurde, dass sie ja gar nichts anderes sein konnten. Aus Bochum kommend! Mit dieser Fähigkeit zu lieben! Ob es sich hierbei vielleicht sogar um ein lange geplantes Weltrettungs-Ausbildungsprogramm handelte, was nach dem zweiten Weltkrieg initiiert worden war..?  „Ey! Klappe zu s’zieht…!!“ Einer der anderen Künstler-Superhelden schlurfte an ihr vorbei. „Wat glotzte’n so?“ fragte er. Kapotschka schnappte nach Luft, stammelte eine Entschuldigung und kehrte wieder auf festen Betonboden zurück. Es ist ein schmaler Grad zwischen Erkennen und Verrennen.